Als erstes Team einer deutschen Hochschule sind Studierende der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) beim internationalen Motorradrennen von MotoStudent mit ihrem selbst entwickelten Elektro-Rennmotorrad angetreten. Das Team fuhr stolz auf den vierten Platz.
Sie sind Pioniere unter ihren deutschen Kommilitoninnen und Kommilitonen: Noch kein deutsches Team hat vor ihnen am Konstruktionswettbewerb MotoStudent teilgenommen, der Studierende weltweit dazu einlädt, mit einem selbst konstruierten und gebauten Motorrad ins Rennen zu gehen. Die Konstanzer Studierenden waren nicht nur die ersten deutschen Teilnehmer überhaupt, sie wagten sich auch gleich an die neu ins Leben gerufene Elektroklasse des Wettbewerbs.
Innerhalb eines Jahres konstruierten und bauten sie ein Rennmotorrad mit Elektroantrieb, das nun beim internationalen Wettkampf im spanischen Aragón überzeugte. In der Dynamik-Gesamtwertung belegte das Konstanzer Team Platz vier unter 18 gemeldeten Teams in der Elektroklasse. „Wir sind sehr glücklich mit dieser Platzierung und richtig stolz“, sagt Teamleiter Dominik Erchinger, Student im Studiengang Maschinenbau Konstruktion und Entwicklung.
Erster Platz beim Bremscheck
125 Kilogramm schwer, 26 PS stark, bis zu 160 km/h schnell – so die Rahmendaten ihrer Rennmaschine. Motor, Reifen und Bremsen wurden von MotoStudent gestellt. Für die übrigen Bauteile waren die Studierenden verantwortlich, hier konnten sie ihre Spezialkenntnisse einbringen. Die 38 Kilogramm schwere Batterie mit 494 Zellen in Sandwichbauweise ist einzigartig und auf dem Markt so nicht zu bekommen. Auch der Rahmen ist ein Unikat. Zu den Alleinstellungsmerkmalen zählten zudem ein ausgefeiltes Kühlsystem für die Batterie und ein raffiniertes Dashbord, erklärt Technikleiter Daniel Reinhardt. Die Konstruktion hat überzeugt und den vom Veranstalter vorgeschriebenen Sicherheitscheck mit Bravour bestanden. Beim Bremstest hat die Konstanzer Maschine aufgrund des gut ausgelegten Fahrwerks sogar den ersten Platz belegt.
Bei der Gründung des Teams hatte es sich das Ziel gesetzt „eine Platzierung im ersten Drittel“ zu erreichen. Das hat es geschafft – auch dank der Nervenstärke von Fahrer Johannes Müller. „Alle Fahrer waren ziemlich nervös vor dem Rennen“, erinnert er sich. Als der Startschuss fiel, wurde es „ein heißes Rennen, da war schon Tempo drin“, erzählt er. Auf der 25,4 Kilometer langen Strecke ließ er sich bei bis zu 160 Stundenkilometern nicht verunsichern. „Da kriegt man nicht mehr mit, in welcher Runde man fährt, ich habe mich nur auf den Fahrer vor mir konzentriert“, sagt Müller. Dabei war es auf den letzten Drücker nochmals sehr spannend geworden: Während einer Trainingsfahrt einen Tag vor dem finalen Rennen war die Maschine plötzlich ausgefallen. Bis zwei Uhr nachts hat das Team getüftelt, bis der technische Defekt im Leistungsrelais behoben war.
„Bei MotoStudent handelt es sich um einen Ingenieurswettbewerb. Es geht nicht darum, wer den besten Fahrer hat, sondern der Erfolg hängt zu 90 Prozent von der Technik ab“, sagt Prof. Dr. Florian Lang, Leiter des Studiengangs Automobilinformationstechnik. Er ist Initiator des Projekts und steht den Studierenden als Tutor beratend zur Seite.
Der Weg bis zum Start in Aragón war nicht immer eben. Zunächst mussten sich die Studierenden die Infrastruktur an der Hochschule aufbauen, Sponsoren für ihr Projekt suchen und sich als Team finden, schließlich waren die Kompetenzen verschiedener Studiengänge der HTWG gefragt. „Wir mussten nicht nur das im Studium erlernte Fachwissen anwenden, sondern auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit lernen und über unseren fachlichen Tellerrand hinausblicken“, erinnert sich Technikleiter Daniel Reinhardt, der ebenfalls Maschinenbau studiert.
Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Mit dem diesjährigen hervorragenden Ergebnis möchte das Team um neue Mitglieder und Sponsoren werben. Das eLaketric-Racing-Team brennt gleichermaßen für Motorrennsport wie für Elektromobilität und verbindet Idealismus mit Zukunftsorientierung und Spaß: „Wir wollen einen Beitrag zur Energiewende leisten, Innovationen in der Praxis umsetzen und einen zukunftsorientierten Rennsport befördern“, sagt Lucas Boxan, der im 5. Semester Elektrotechnik und Informationstechnik studiert. „Der Spaß kommt auch nicht zu kurz“, sagt Johannes Müller. „Ich fahre seit meinem 17. Lebensjahr Motorrad, aber auf einer selbst gebauten Maschine zu sitzen, ist schon eine coole Sache.“
Der Wettbewerb
Der Wettbewerb MotoStudent ist ein internationaler studentischer Wettbewerb. Die Studierenden entwickeln und bauen einen Motorrad-Prototypen, der in zahlreichen Disziplinen überzeugen muss. Der Wettbewerb ist vergleichbar mit der Formula Student für Rennautos.
Zu Beginn des Wettbewerbs muss das Motorrad mehrere statische Sicherheitstests bestehen, bei denen Schutzmaßnahmen, mechanische Stabilität und die Sicherheit der Elektrik geprüft werden.
Gesamtbewertungen erfolgen in zwei Kategorien: „Projektdarstellung und industrielle Umsetzbarkeit“ (MS1 – Qualität des Projektmanagements, technische Umsetzung, Innovationen, Kostenanalyse, Projektpräsentationen) und „Dynamische Bewertung“ des Prototyps (MS2 – Beschleunig, Bremsverhalten, Handling, Wartungsfreundlichkeit, Höchstgeschwindigkeit, Qualifying und Rennergebnis).
Quelle: Pressemitteilung HTWG Konstanz